Cinema_italiano VON SEPTEMBER BIS DEZEMBER 2009 IM KINO:
5 NEUE ITALIENISCHE FILME IN SCHWEIZER KINOPREMIEREN


AUSFÜHRLICHES BEGLEITHEFT ALS PDF (1,5 MB)

Il_vento_fa_il_suo_giro IL VENTO FA IL SUO GIRO
DER WIND HAT SICH GEDREHT
von Giorgio Diritti

Chersogno, ein halbverlassenes Dorf in den italienisch-okzitanischen Alpen. Das Leben hier ist ursprünglich, die überwiegend älteren Einwohner sprechen noch die aussterbende Sprache der Langue d’Oc und halten sich mit Sommertourismus über Wasser. Hierhin zieht es den französischen Schäfer Philippe mit seiner Familie und seinen Schafen. Der ehemalige Lehrer ist auf der Suche nach einem neuen Leben, einem Leben im Einklang mit der Natur. Anfangs werden Philippe und seine Familie begeistert begrüsst, doch bald schlägt die Stimmung in dem kleinen Dorf in Neid, Misstrauen und Intoleranz um. Das Zusammenleben der „Neuen“ und der „Alten“ wird immer schwieriger.

"Der Erstlingsfilm von Giorgio Diritti, wunderbar fotografiert und besetzt mit überzeugenden Laiendarstellern neben den Berufsschauspielern Alessandra Agosti und Thierry Toscan, berührt und verzaubert. „Il vento fa il suo giro“ musste erst auf vielen internationalen Festivals laufen und durch die Welt reisen, um dann viel später in einem kleinen italienischen Kino zu landen. Aber er hat sich durchgesetzt, dank der wichtigsten Form der Kritik und Demokratie: der Mund-zu-Mund-Propaganda der begeisterten Zuschauer." Dario Zonta, L’Unità.

Mehr zum Film

amico_di_famiglia L'AMICO DI FAMIGLIA
EIN FAMILIENFREUND
von Paolo Sorrentino.

Geremia De Geremei ist um die 70 Jahre alt; er betätigt sich als Wucherer, ist zynisch, hässlich, lebt im Dreck, ist zwar reich, aber geizig und steht in einer obsessiven und krankhaften Beziehung zu allem, was ihn umgibt: Mutter, Vater, Geld, Frauen - kurz gesagt: zum Leben an sich. Deshalb glaubt er, ein Unikat zu sein. Aber er ist es nicht. Viele sind wie Geremia.

"L‘amico di famiglia ist ein bemerkenswerter Film. Der Neapolitaner Paolo Sorrentino ist ein wahres Talent, einer der besten jungen italienischen Regisseure. „L‘amico di famiglia“ ist düster und geheimnisvoll, und das bestätigt Sorrentinos richtigen Riecher für Figuren, die normalerweise dem filmischen Blick entgehen und vielleicht auch lieber unbekannt bleiben würden. Wie man sieht, liebt der Regisseur keine geradlinigen Geschichten. „L‘amico di famiglia“ entwickelt sich bruchstückhaft. Der Film steckt voller Überraschungen und deckt Löcher in unserer Realität auf, aus denen es zum Himmel stinkt und die wir vielleicht gar nicht so genau untersuchen möchten. Geremia führt uns den ganzen Horror vor, der sich hinter der Alltagsroutine einer Provinzstadt verbergen kann." Alberto Crespi, L’Unità.

Mehr zum Film

L_orchestra_di_Piazza_Vittorio L'ORCHESTRA DI PIAZZA VITTORIO
DAS ORCHESTER DER PIAZZA VITTORIO
von Agostino Ferrente.

Der Film erzählt die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte des mittlerweile international berühmten Orchesters der Piazza Vittorio. Im römischen Stadtteil Piazza Vittorio, dem grössten multi-ethnischen Viertel der italienischen Hauptstadt, treffen Lebensgeschichten von Menschen aus aller Welt aufeinander. Aus einer Bürgerinitiative gegen die Schliessung eines populären Kinos entstand der Gedanke, ein multikulturelles Orchester zu gründen. Jeder der 16 Musiker aus 11 Ländern, einige von Abschiebung bedroht, bringt hier neben seinem persönlichen Background auch Lieder und Instrumente aus seiner Heimat in das Orchester ein, so dass eine aufregende Fusion musikalischer Stile, Melodien und Stimmen aus aller Welt entstanden ist. In fünf Jahren hat das Orchester unter seinem rührigen Leiter Mario Tronco Menschen zusammengebracht, die sich auf der Strasse kennen gelernt haben und gemeinsam den Traum realisieren, eine neue Art von Musik zu machen und solidarisch zu leben.

"Hier kommt eine Antwort auf die Frage, die schon Federico Fellini 1979 mit seinem Film „Prova d’orchestra“ stellte: wie entsteht aus dem Zusammenkommen vieler unterschiedlicher Menschen die Harmonie der Musik? Vielleicht aus der Disharmonie, die in diesem Fall eine soziale, politische, geografische und schliesslich auch eine musikalische Disharmonie ist. Tatsächlich wird in dem schönen Dokumentarfilm von Agostino Ferrente die Entstehung eines Orchesters erzählt, das heute sehr populär ist und vom Ex- Klavierspieler der Musikgruppe Avion Travel, Mario Tronco, ins Leben gerufen wurde, um Immigranten vor der Ausweisung zu schützen. Das Orchester ist ursprünglich entstanden, um ein Lokal vor der Schliessung zu retten, stellt aber heute das Zeugnis eines Traums von Toleranz und Solidarität dar, egal welche Partitur gerade gespielt wird." Maurizio Porro, Corriere della Sera.

Mehr zum Film

La_giusta_distanza LA GIUSTA DISTANZA
AUF ANGEMESSENE DISTANZ
von Carlo Mazzacurati

Der tunesische Automechaniker Hassan lebt in dem Städtchen Concadalbero nahe der Mündung des Po. Er ist gut integriert und wird für seine Arbeit geschätzt. In Hassans Werkstatt schraubt der junge Giovanni regelmässig an einem alten Motorrad. Er träumt davon, Journalist zu werden und beginnt für die Lokalzeitung zu schreiben. Die Ankunft der schönen jungen Lehrerin Mara bringt Aufregung in die Kleinstadt. Eine Romanze, geheimnisvolle Vorfälle, ein Mord. Die Schicksale der drei Protagonisten verflechten sich immer enger. Das authentische Porträt einer norditalienischen Provinzstadt, hinter deren scheinbar verschlafener Fassade sich beunruhigende Ereignisse vollziehen. Ein leiser psychologischer Thriller, der unter die Haut geht.

"Was ich in meinem Film erzähle, ist im Grunde unser Alltag: ein junger Mann, der Journalist werden will, eine junge Frau aus der Stadt, die in die Provinz kommt, mit der Illusion, ihre Mädchenträume zu verwirklichen. Und dann gibt es einen jungen Tunesier, jemanden, den ich wirklich kennen gelernt habe, der gar nicht dem Klischee des verzweifelten Ausländers entsprach; er war sehr ausgeglichen und ganz reserviert. In jedem Fall wollte ich mich auch von der Realität, die uns die Medien ständig präsentieren, unterscheiden." Carlo Mazzacurati.

Mehr zum Film

Lascia_perdere_Johnny LASCIA PERDERE JOHNNY!
VERGISS ES JOHNNY!
von Fabrizio Bentivoglio

Caserta in den Siebzigerjahren. Um nicht zum Militär zu müssen, braucht der 18jährige Faustino unbedingt einen Job. Der verträumte junge Mann würde gern Profimusiker werden, darf vorerst aber nur im Orchester des grossspurigen Schulhausmeisters Maestro Falasco Gitarre spielen, der ihm den Künstlernamen Johnny verpasst. Immerhin reicht es für ein paar Auftritte in benachbarten Kleinstädten. Mehr noch: der etwas undurchsichtige Impresario Raffaele bietet ihm nach dem letzten Konzert einen richtigen Vertrag an. Faustino kann sein Glück kaum fassen, doch er hat keine Ahnung, auf was er sich eingelassen hat. Eine liebevoll-ironische Komödie um einen jungen Mann, der unvermutet in haarsträubende Verwicklungen im Musikgeschäft gerät. Ein Film mit viel nostalgischem Charme und toller Musik im Stil der Siebzigerjahre.

"In seinem Erstling als Regisseur beweist der bisher als Schauspieler hervorgetretene Fabrizio Bentivoglio Eigenschaften, die im italienischen Kino heute sehr rar sind: er kann eine vergangene Atmosphäre zwischen Zynismus und Melancholie heraufbeschwören, vermischt vergnügt satirische Töne mit nostalgischen Akzenten. Der Regisseur geht in den italienischen Süden der Siebzigerjahre zurück und erzählt offensichtlich auch ein wenig von seiner eigenen Geschichte, setzt meisterhaft die Welt der Provinzvarietees in Szene, in der jede Figur, auch jeder einzelne Nebendarsteller, wichtig ist." Maurizio Porro, Corriere della Sera.

Mehr zum Film

Cinélibre
Organisiert von Cinélibre, Bern, und Made in Italy, Rom.